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Aktuell

Saarländische Chorprämie erneut vergeben

Beim SCV-Chorverbandstag 2017 wurde zum dritten Mal die Saarländische Chorprämie durch SCV-Präsidentin Marianne Hurth vergeben. Ziel der Prämie ist es, andere Vereine im SCV zu inspirieren und zu motivieren, selbst einmal Neues auszuprobieren und ungewohnte Wege zu gehen. Für besonders herausragende und innovative Projekte wurden von der Jury, bestehend aus Dr. Regina Görner, Roland Kunz, Matthias Fernau und Bernhard Schmidt, diesmal nur zwei Chöre ausgezeichnet – mehr Chöre hatten sich leider nicht um die Prämie beworben.

Vertreter der prämierten Chöre stellten beim Chorverbandstag ihre Projekte vor. Zudem waren Infotafeln zu den einzelnen Projekten aufgebaut und es gab die Möglichkeit zum persönlichen Austausch mit Projektbeteiligten. Mit der nachstehenden Beschreibung sowie der öffentlichen Vorstellung der ausgezeichneten Projekte am Chorverbandstag werden hoffentlich weitere – und wieder mehr – Vereine inspiriert und motiviert, sich um die nächste saarländische Chorprämie zu bewerben!

Chorensemble FrauenStimmen – Klezmerprogramm

Der Hauptpreis, mit 1.125 € dotiert, ging an das 2006 gegründete Saarbrücker Chorensemble FrauenStimmen unter Leitung von Amei Scheib für sein Klezmerprogramm „Shpil she mir a Lidele in Jiddisch!“

Das Programm schildern Brigitte Henkes und Gerhild Sieber vom Chorensemble FrauenStimmen:

Sehnsuchtsvoll und innig, dann wieder aufregend und rasant: Klezmer – traditionelle jüdische Musik – fasziniert sowohl mit ihrer lebensbejahenden Fröhlichkeit, die zum Tanzen einlädt, als auch mit ihrer tiefen Ernsthaftigkeit und Spiritualität. Mit dem Programm „Shpil she mir a Lidele in Jiddisch“ schlägt das Chorensemble FrauenStimmen einen Bogen von der Lebenswelt der Ostjuden im 19. Jahrhundert über die Judenverfolgung durch den Nationalsozialismus bis zur Nachkriegszeit. Unter der künstlerischen Leitung von Amei Scheib präsentieren die rund 30 Sängerinnen traurige Stücke aus dem Ghetto, lebensfrohe Tänze zu festlichen Anlässen oder melancholische Tangoklänge. Themen der Lieder sind der Alltag im Stetl, die Sehnsucht nach den in die USA ausgewanderten Liebsten, der schwierige Neuanfang im fremden Land, der jüdische Widerstand gegen die Nazis in Deutschland, die Suche nach einer neuen Heimat in Israel – und bei alledem stets die Hoffnung auf ein besseres Leben.

Als sich Chorleiterin Amei Scheib und ihr Ensemble FrauenStimmen vor drei Jahren für ein Klezmer-Programm mit jiddischen Liedern entschieden, war schnell klar, dass am Ende kein Konzert wie jedes andere stehen würde. Bei der intensiven Vorbereitung für das Projekt waren die deutsche Vergangenheit, Judenverfolgung und Holocaust ständig im Hintergrund präsent. Fragen tauchten auf: Ist es respektlos, wenn Nichtjüdinnen heute diese Lieder singen? Welche Bedeutung haben die Texte? Die Chorsängerinnen näherten sich der ihnen fremden oder wenig bekannten Kultur vorsichtig. Unter anderem besuchten sie gemeinsam die Synagoge in Saarbrücken, stellten dem Kantor viele Fragen und lernten dabei eine Menge über den jüdischen Glauben und das jüdische Leben im Saarland heute. Einige Hinweise zu jüdischen Feiertagen und Ritualen haben auch Eingang in die szenischen Darstellungen des Klezmer-Programms gefunden.

Amei Scheib holte sich Anregungen in einem Klezmer-Workshop und wurde von jüdischen Musikern ermutigt, an dem Projekt festzuhalten. Es stellte sich heraus, dass es ausgesprochen wenig Chorliteratur für Frauenchor gab. Aus den höchst anspruchsvollen Bearbeitungen der Dresdner Komponistin Sylke Zimpel wählte die Chorleiterin „Unter Bejmer“ aus. Bei einem US-amerikanischen Verlag fand sich das mitreißende Stück „Ale brider“, und zwei deutsche Chorbücher für gleiche Stimmen lieferten die beiden Hits „Donaj, donaj“ und „Dodi li“. Alle übrigen Chorstücke wurden von Amei Scheib auf der Basis von Liedern oder Instrumentalstücken eigens für Frauenstimmen arrangiert.

Szenische Darstellungen und Tanzschritte

Nur auf der Bühne stehen und singen – das war dem Chor zu wenig. Daher arbeiteten die Sängerinnen gemeinsam mit dem Schauspieler und Regisseur Ingo Fromm an der dramaturgischen Gestaltung: Kleine Gesten, passende Requisiten und szenische Darstellungen sowie Tanzschritt-Kombinationen verleihen den Liedern einen charakteristischen Ausdruck und helfen dem Publikum, die Bedeutung der – auswendig vorgetragenen – jiddischen Liedtexte zu verstehen.

In der Kostümfrage entschieden sich die Sängerinnen im traditionellen Teil ihres Programms für Kopftuch oder sonstige Kopfbedeckung: Sie betreten die Bühne ganz in Schwarz und kleiden sich vor den Augen des Publikums an, schlüpfen also für alle sichtbar als moderne Frauen in die Rolle der jüdischen Frauen. Vor dem Part zum Holocaust, Ghetto und Widerstand legen die Sängerinnen auf der Bühne wieder alle Tücher und jeglichen Schmuck ab. In der Nachkriegszeit werden dann bunte Tücher, Jacken und freche Hüte hervorgekramt – passend zum schmissigen Swing-Song „Bei mir bist du sheyn“.

Zur lebendigen, szenischen Darstellung und der gesanglichen Leistung des Chorensembles kommt die Leidenschaft des virtuosen Musiktrios: Das Publikum kann spüren, dass sich auch Nino Deda (Akkordeon und Klavier), Michael Jung (Akkordeon) und Markus Lein (Violine) voll mit dem Klezmer-Projekt identifiziert haben. Musiker und Ensemble sind sich einig: Das Klezmer-Projekt war eine große inhaltliche und musikalische Bereicherung, denn sie haben erfahren, dass sich Impulse zur Auseinandersetzung mit der schwierigen deutschen Vergangenheit nicht nur über Kopf und Verstand, sondern ganz besonders auch über Herz und Gefühl – und eben auch über die Musik – transportieren lassen.

Das Klezmer-Konzert wurde 2016 dreimal aufgeführt: am 25. September im Saarbrücker Rathaus, am 30. September in der Musikschule Homburg und am 12. November in der Illinger Illipse.

Die Jury beeindruckte besonders die Tiefe, in der sich das Ensemble mit der Tradition und Kultur des jüdischen Volkes und insbesondere der jüdischen Frauen auseinandergesetzt hat. Der Performance-Charakter der Aufführungen (auswendiges Singen, Kostüme, Szene), die umfangreiche Literaturrecherche/Arrangement-Tätigkeit, die professionelle Darstellung des Projektes nach innen und außen sowie der Erfolg in der Mitgliederwerbung erscheinen beispielhaft und nachahmenswert.

Weitere Infos zum Chor: www.chorensemble-frauenstimmen.de

Chor total vocal – Was uns bewegt

Eine weitere Prämie in Höhe von 500 € erhielt der 1995 gegründete Saarbrücker Chor total vocal unter Leitung von Martin Stark für sein Projekt „Was uns bewegt“.

Der Chor beschreibt sein Projekt folgendermaßen:

Mit der Zunahme militärischer Auseinandersetzungen, mit den immer weiter reichenden Konsequenzen der ökologischen Bedrohung unseres Lebensraumes, den sozialen Verwerfungen unserer Gesellschaft und nicht zuletzt der Flüchtlingskrise in Europa und auf anderen Kontinenten war die Zeit reif für das, „was uns bewegt“. Die Musik ist dabei ganz bunt; reicht von Heinrich Schütz und Beethoven bis zu Arrangements von Songs von Wolf Biermann und Konstantin Wecker; gesungen wird auf Deutsch, Jiddisch, Italienisch und Spanisch. Wir wollen historische Perspektiven aufzeigen, z.B. mit einem fast vergessenen Volkslied, das deutsche „Wirtschaftsflüchtlinge“, die im 19. Jahrhundert in die USA emigrieren mussten, besingt, oder mit dem in Deutschland durch den Film „1900“ bekannt gewordenen italienischen Gewerkschaftslied „La Lega“. Wir wollen betroffen machen, z.B. mit dem mehr unter dem Refrain „Dona, dona, dona“ bekannten Lied „Dos Kelbl“, das metaphorisch den Holocaust thematisiert. Aber wir wollen auch Mut machen, gegen Resignation und Fatalismus ansingen mit „Gracias a la vida“ oder mit Weckers „Was für eine Nacht“. Und wir wollen auch unterhalten, vielleicht sogar amüsieren mit Gospels oder dem satirischen „Im Namen des Wahnsinns“ von Konstantin Wecker. Texte werden die Inhalte der Lieder ergänzen und weitere Sichtweisen ermöglichen.

Das Programm wurde am 4. November 2016 im Festsaal des Saarbrücker Rathauses und am 26. März 2017 in der Saarbrücker Jugendkirche Eli.ja aufgeführt, weitere Konzerte sollen folgen.

Der Jury erschien beispielhaft das stilistisch vielfältige, Genregrenzen überschreitende Konzertprogramm, ebenso die Auseinandersetzung mit den aktuellen gesellschaftlichen Problemstellungen unserer Zeit durch eine historisch-kulturelle Einordnung. Auf diese Weise verstanden könnten Kunst und Kultur als gesellschaftliche Katalysatoren wirken, Ängste mildern, Zuversicht stärken und nicht nur passiv begleitend, sondern aktiv gestaltend Veränderungsprozesse begleiten.

Weitere Infos zum Chor: www.chor-totalvocal.de